Dienstag, 3. Januar 2012

Karaoke und was sonst noch so passiert ist...

Zum Einstieg ein paar Gedanken die ich mir zum vergangenen und dem neu angefangen Jahr gemacht habe:

1. Habe heute einem Penner ein Brot und was zu trinken gegeben. Ist wie Tauben füttern nur mit mehr Brot :-P Traut euch!
2. 95% der Polizisten hier haben nur Knüppel, Räuber aber Knarren...
3. Bin heute morgen mit dem ältesten Taxifahrer von ganz Bogotá unterwegs gewesen. Ich hatte Angst! Der hat alle vier Meter den Motor abgewürgt und ist durch Schleichwege gefahren, die er und seine Indianersklavenkumpel wahrscheinlich damals noch zu Zeiten der spanischen Herrschaft höchstpersönlich verlegt haben.
4. Ich mag Karaoke wirklich nicht. Habs Freitag wieder probiert, auf vielfachen Wunsch meiner Freunde hier. Also ab in die Karaoke-Bar, die erfreulicherweise anfangs sooo leer war wie meine Blase direkt nach der heutigen Taxifahrt. Also haben wir uns erst einmal zum Aufwärmen der Stimmbänder eine Flasche guten kolumbianischen günstigen Rum bestellt und eine Tupperkanne Cola dazu.
Während wir im Katalog nach singbaren Liedern ausschau hielten füllten sich erstens die Bar und die Tische neben uns, zweitens unsere Gehörgänge mit von jungen Damen inbrünstig schief intonierten kolumbianischen Schlagern und drittens unsere Bäuche mit Rum und Cola im Verhältnis 1 : 0,05.
Die Auswahl der englischsprachigen Titel war mau und mit ziemlicher Sicherheit auch höchst depressionserregend. Lieder wie "Danny Boy", "Like a Candle in the Wind" und "Nothing compares to you" gehörten da noch zu den fetzigeren Stücken! Ohne Schmarrn. Jetzt such dir da mal ein Lied aus, was auch zum Rahmenprogramm passt, welches an dem Abend unüberhörbar "Salsa-Party" war :-)
Ich mich kurz mit dem DJ kurzgeschlossen und eine Option gefunden, der ich mit nötiger Textsicherheit und Gelassenheit entgegentreten konnte. Also das Ganze auf einen Zettel geschrieben und in die dafür von Tisch zu Tisch wandernde Box geschmissen. Stunden um Stunden vergingen, der Laden wurde immer voller. Lokalgrößen wie eine Frau del Valle von den Rancheros (wirklich keine Ahnung wer oder was sie war) trafen ein und hatten Instrumente, in dem Fall dieser Dame auch einen mords Appetit mitgebracht. Denn, selbst durch schlechtes Timing halb verhungert musste ich mit ansehen, wie Frau del Valle sich eine 10000 kcal Frittierplatte für Fünf bestellte und sich diese binnen kürzester Zeit einverleibte... und anschließend auch noch, als ob es als verbindlicher Vorschlag in einem vor ihrem inneren Auge vorliegenden imaginären Kochrezept gefordert worden wäre, selbige mit einer Schüssel Erdnüssen garnierte. Zum Glück gabs in der Nähe keine Kinderfrittöse....
Mein Magen rebellierte, schrie knurrend "NRRRUUUUUUUUUUUUUUUUUNNNNNNNNNN", was ich als "warum muss die jetzt auch noch Nüssla essen" deutete. Aber die ging direkt nach dem sich-die-Finger-ablecken auf die Bühne und trällerte los. Ich war sprachlos, rückte aber gleichzeitig etwas von der Bühne weg, da ich befürchtete, dass mir neben geschmetterten Noten bald auch schlecht gekautes, frittiertes Erbrochenes entgegen fliegen würde. Dem war aber zum Glück nicht so. Im Gegenteil. Ich glaube fast, dass das ganze Frittierfett die Stimme geölt hat. Wir waren begeistert. Was ich eigentlich schreiben wollte war, dass mein Musikwunsch nicht gespielt wurde :-( Ich wartete und wartete und nichts kam. Also weiter Rum getrunken. War ja schließlich lecker.
Ein älteres Ehepaar war auch mit von der Partie. Der Herr versuchte vergeblich unter den Beifallsstürmen seiner Frau durch Sturheit den Text auf dem Bildschirm zu verlangsamen. Was ihm natürlich nicht gelang, wodurch beide schließlich zu ihrem von mir gewählten Spitznamen "The dissomenz" (was sich aus Dissonanz und Demenz zusammensetzt...) kamen. Eigentlich putzig. Eigentlich...
Es war nun schon spät, ca. 100 Leute waren um die Bühne und der Schnaps in meinem Bauch versammelt, da schallte es durchs Mirkofon: "Entonces, Andrés y Juan con una cancion en ingles". Na super dachte ich mir, der Hund hat gewartet bis der Laden und ich voll waren! Aber egal, die wollen Karaoke? Die kriegen Karaoke! Ich ging auf die Bühne, schnappte mir das Mikro und machte erst einmal eine Ankündigung auf Spanisch. Dumm nur, dass mir hier immer folgendes Phänomen begegnet: Ich sage etwas auf Spanisch, perfekt ausgesprochen und grammatikalisch korrekt, und die schauen mich an als würde ich Klingonisch reden. Dann schau ich nur kurz genervt zu meinen Freunden rüber, lass es einen von denen 1:1 wiederholen und sie verstehens plötzlich. Echt nervig...
Meine Ankündigung "Seid ihr bereit jetzt etwas auf Englisch zu hören" schnitt sich natürlich gleich mit der ersten Liedzeile und so verpasste ich meilenweit meinen Einsatz. Juan, der den Song das erste mal zu Gesicht bekam war geschockt, sah mich an als hätte ich ihn da absichtlich reingeritten..... Hab ich auch ;) ahaha wie er mich. War ja sein Verdienst mich zum Karaoke zu bringen.
Heimtückisch wie ich war suchte ich mir "Don`t stop me now" von Queen aus, was sooooo schnell ist, dass du angetrunken, mit rudimentären Englischkenntnissen und das das erste mal hörend da stehst wie bestellt und nicht abgeholt :-) Haha keine Chance. Jetzt war das Publikum aber voller Erwartungen um die Bühne versammelt und wollte uns rocken sehen. Ui, das hatte ich jetzt vergessen... mein Plan war doch nicht so genial wie erwartet. ICH musste singen, PERFORMEN, um die Massen zu beschwichtigen. Das Tat ich dann auch, während Frau del Valle mich mit irgendwelchen Rasseln und "Wohoo"-Rufen unterstützte! Ich ging durch den Alkohol total enthemmt ab, meine Stimme glich derweilen der Kopfstimme Dieter Bohlens. Die Luft wurde trotz Trainings knapp! Denn obwohl ich jedes mal, wenn ich zu einer Runde Singstar gezwungen werde "Don`t stop me now" trällere, tat ich dieses noch nie auf 2650, mit Bühne auf 2651m über NN.!
Nichtsdestotrotz bezwangen wir die Bestie. Nein, nicht Frau del Valle, sondern den Song! Die Menge tobte! Ich vermute, weil ich endlich aufhörte zu singen! Juan hat zur Darbietung drei "Don`t ääähhhhhhmmmm" und vier "dios mio" beigetragen. Wir hatten es geschafft!
Nach mehreren Sympathiebekundungen meiner (...unserer) Fans zur Bettreife geschmeichelt verließen wir den Schuppen und zogen von dannen....

5. Silvester ist hier anders. Man langweilt sich wie an Weihnachten bis um 24 Uhr und fängt dann an zu Grillen und zu trinken. Die Mutter der Familie hat dann noch in einem Tempo ein Gebet vorgetragen, dass mir bei einer ihrer Atempausen ein "B-B-B-Be Bop a Bodda Bop" und ein "I'm the Scatman" rausgerutscht ist. Das war mir zu spät. Ich aß nichts und ging, noch fertig vom karaokieren am Vortag, um 1 Uhr ins Bett.

6. Wenn ich mal nicht zum bloggen komme liegts daran, dass ich bei Hälfte bin oder unter der schlechten Internetverbindung leide. Nehmts mir nicht übel, Qualität statt Quantität ;)